15.7.2015 Tórshavn - Färöer-Inseln

Wir fahren in die Bucht von Tórshavn - die Hauptstadt der Färöer-Inseln. Der Himmel ist nur leicht bedeckt und die Sonne malt interessante Muster auf die ruhige See.

Der Fotoapparat muss schon in aller Frühe herhalten!

 

Bereits der erste Anblick der Färöer-Inseln - genau genommen der Insel Streymoy mit Tórshavn - gefällt mir ausgesprochen gut. Schon immer wollte ich diese Inseln einmal kennen lernen (dass ich das auch wirklich tue, gehörte eher zu meinen Träumereien ...) - und nun genügt mir der erste Blick, dass ich mich ein bisschen in diese Landschaft verliebe. Ich freue mich sehr auf den Ausflug, der gleich beginnen wird und Manfred und mich Richtung Norden zur Insel Eysturoy bringen wird.


 

Im Hafen von Tórshavn lernen wir gleich den Nationalsport der Färinger kennen: den Rudersport. Sechs Mädels hauen wie wild ihre Ruder ins Wasser (entschuldigt bitte ihr Ruderer: ich weiß, das das wohl nicht der richtige Ausdruck ist...), während sie vom Steuermann angefeuert werden. Ich weiß nicht, wer sich nun mehr anstrengt: die Mädels oder der Kommando gebende (schreiende...) Steuermann. Es sieht jedenfalls sehr anstrengend aus.



 

Färöer-Inseln in Zahlen

 

18 Inseln, davon sind 17 permanent bewohnt.

50.000 Inselbewohner

70.000 Schafe

Seit 2005 bilden sie eine "gleichberechtigte Nation" innerhalb des Königreichs Dänemarks (seit 1948 weitgehend autonom)

Wirtschaft: Fischerei, Fischzucht, Tourismus

Kein Punkt der Färöer ist weiter als 5 Kilometer vom Meer entfernt

Die Färöer Inseln sind zwar vulkanischen Ursprungs, aber etwa 3 Mal so alt wie Island.

Es gibt keine Stechmücken (die Wespe wurde jetzt eingeschleppt).

Es gibt auch keine Säugetiere (außer Robbe und Grundwal).

Schafe, Rinder und Pferde wurden vom Menschen mitgebracht.

Die ersten Einwohner waren irische Mönche,

danach kamen die Wikinger.

Was die Färöer für sich selbst produzieren können, sind neben der Fischerei nur etwas Landwirtschaft (Schafe, Kartoffeln, Molkereiprodukte) und Wasserkraft zur Stromerzeugung. Alle anderen Güter werden importiert und damit durch die Fischerei finanziert.

Export von Wollprodukten

Färöische Literatur ist angesehen.



Tiefgrüne Wiesen und Weiden - dunkelblaues, fast grünes Wasser - bunte, blitzsaubere Häuser ziehen an uns vorbei. Und: es ist Sommer auf den Färöer!
Tiefgrüne Wiesen und Weiden - dunkelblaues, fast grünes Wasser - bunte, blitzsaubere Häuser ziehen an uns vorbei. Und: es ist Sommer auf den Färöer!

Wir haben wohl an diesem 15. Juli des Jahres 2015 den diesjährigen Sommer erwischt. Die Sonne scheint und das macht das Farbenspiel natürlich noch intensiver. Unsere Reiseleiterin Birita erzählt uns aber auch von anderen Wetterverhältnissen. Wobei das Klima - bedingt durch die Lage am Golfstrom - auf den Färöer-Inseln angesichts der geografischen Breite vergleichsweise milde Temperaturen herrschen. Die Durchschnittstemperatur im Sommer beträgt etwa 11 °C und im Winter um die 3 °C. Somit sind die Häfen ganzjährig eisfrei und im Winter bleibt gelegentlicher Schnee in den bewohnten niederen Lagen nicht lange liegen. Auf Sturm und Regen muss man eingestellt sein, doch es gibt selten komplett verregnete Tage. Auch hier gilt der Ausspruch - wie bei den Isländern -  gefällt dir das Wetter nicht, dann warte einfach 5 Minuten (was heißen soll, dass es dann schon wieder anders ist).

Wir zumindest genießen heute den Sommer mit zweistelligen Temperaturwerten.

 

An der Meerenge Sundini  überqueren wir den Atlantik auf einer Brücke - die einzige Brücke über den Atlantik überhaupt. Sie ist 220 Meter lang und verbindet die beiden Inseln Streymoy und Eysturoy.

 

Die Meerenge von Sundini
Die Meerenge von Sundini

Fast alle Inseln der Färöer sind durch Brücken oder Straßentunnel miteinander verbunden. Waren die ersten Tunnel noch einspurige, unbelüftete und unbeleuchtete Bergtunnel, so werden heute hochmoderne Unterseetunnel realisiert. Ziel ist es einerseits die Ballungszentren miteinander zu verbinden, aber genau so wichtig ist den Färingern, dass kleine Dörfer vor der Entvölkerung bewahrt werden.  Zur Zeit gibt es 17 solcher Tunnel.

Unser Busfahrer wählt bei unsere Fahrt nach Gjógv die alte Passstraße. Diese gewährt uns herrliche Aussichten und wir sind froh, nicht den Tunnel benutzen zu müssen. Den Einheimischen schenkt der Tunnel allerdings mindestens 30 Minuten Zeitersparnis auf dem Weg zur Hauptstadt - und im Winter ein Durchkommen bei jeder Wetterlage.


Das schöne Dorf Eiði
Das schöne Dorf Eiði

 

Der Fußballplatz von Eiði soll der von seiner Lage her der schönste Fußballplatz Dänemarks sein. Die Färinger sind fußballbegeistert - und besonders das Spiel gegen Österreich, das 1:0 für Färöer ausgegangen ist, ist noch in aller Munde (es war allerdings schon 1990 und gilt als größter Erfolg der färöischen Nationalmannschaft)

Kurz vor der Passhöhe nach Gjógv werden wir Zuschauer des Schafe - Zusammentreibens zum Wolle pflücken - die Schafe verlieren ihre Wolle gerade ganz natürlich und so sehen sie "wie gerupft" aus. Nun werden sie zusammengetrieben, damit die Wolle gepflückt bzw. der Rest geschoren werden kann. Die Bauern und ihre Familien klettern dabei über die Hänge und es ist eine anstrengende Arbeit, alle Schafe zusammen zu treiben.

 

 

 

 

Auch die Kinder sind im Einsatz:

sind alle Schafe gefunden?

 

 

 

Schafe, wie gerupft. Sie schleppen ihr Wollkleid hinter sich her - und verlieren es manchmal an den Felsen.

Die Wolle der hiesigen Schafe ist sehr gut, wie uns Birita erklärt: die oberste Schicht der Wollfaser ist besonders wasserabweisend, aber sehr kratzig. Dann gibt es noch eine zweite Schicht, die gut wärmt und  die dritte zarte Schicht schließlich ist zart für die Babyhaut.

Mit einem Grinsen meint unsere Reiseleiterin: "Hast du mal ein Hühnchen mit deinem Geliebten zu rupfen, dann stricke ihm eine Unterhose aus der Wolle der obersten Schicht  ...".


Das Stricken hat auf den Färöer-Inseln eine lange Tradition. Schon die kleinen Kinder lernen das Stricken. Jede Familie hat ihr ureigenes Muster. Es gibt regelmäßige "Strickabende", bei denen sich die Mädchen und Frauen zum gemeinsamen Stricken und Plaudern verabreden.

Den Männern gefallen diese Strickabende übrigens besonders gut, denn sie treffen sich dann im Bootshaus. Und im Bootshaus gibt es einen speziellen Schrank, der verschlossen ist und ...  die alkoholischen Getränke enthält :)


Dass etwas verschlossen ist auf den Inseln, ist außergewöhnlich. Verschlossen findet man hier nur diesen Schrank. Ansonsten stehen auf den Inseln die Türen immer offen. Es könnte ja sein, dass ein Wanderer sein Ziel nicht mehr erreichen kann, weil er müde ist oder weil ein Schneesturm ihn behindert. Dann stehen die Türen offen und der "Gestrandete" findet freundliche Aufnahme in jedem Haus.


(Diese offenen Türen gibt es übrigens auch auf Spitzbergen - dort hat es aber eher den Grund, dass man sich unter Umständen blitzschnell vor einem Eisbären retten muss. Solltest du dort einmal von einem solchen verfolgt werden, so ist es doch sehr beruhigend zu wissen, dass du nicht erst an einer Tür klingeln und um Eintritt bitten musst. Die Eisbären gibt es auf den Färöer-Inseln allerdings nicht.)


Nachdem wir nun die Passhöhe passiert haben erblicken wir an einer schönen Buch tief unter uns das kleine Dorf Gjógv, unser heutiges Ziel. Frische Luft und saftige Wiesen empfangen uns.


Gjógv heißt so viel wie "Felsspalte" und deutet auf die tiefe Schlucht im Dorf hin, in der sich am Ende ein natürlicher Hafen befindet, der angeblich schon von den Wikinger benutzt wurde. Die Schlucht bohrt sich tief in den Ort und steht in krassem Gegensatz zu der sonst eher lieblichen Landschaft. Viele Stufen führen nach unten zum "Hafen".


 

 

 

 

Ein sicherer Hafen -

die Wikinger haben ihn schon genutzt

Manfred und ich bummeln durch diesen idyllisch gelegenen Ort. Immer wieder muss ich zu den Hängen hinauf blicken, wo sich durch die grünen Weiden nach oben schlängelnde Wanderwege abzeichnen. Die Zeit, diese zu bewandern fehlt uns heute freilich, aber gedanklich und mit den Augen darf ich diese ja schon mal verfolgen. Wer weiß, vielleicht komme ich ja nochmals hier her mit viel Zeit im Gepäck... :)


Das kleine Caféhaus von Gjógv
Das kleine Caféhaus von Gjógv

 

 

Heute ist Sommer in Gjógv, ganz klar. Das erkennt man nicht nur am Sonnenschein, sondern auch an den in einem Dorfteich barfuß spielenden und schwimmenden !! Kindern. Zwei Kinder paddeln mit einem Schlauchboot über den kleinen Teich. Dieser wurde angelegt, indem man einen Gebirgsbach ein wenig aufgestaut hat. (Ich möchte hier das Wort Gebirgsbach gerne nochmals betonen, denn es handelt sich nicht um eine heiße Quelle wie auf Island...)

Abschied nehmen wir an der Kirche aus dem Jahre 1929. Die Kirche ging in die Geschichte der Färöer ein, als sie am 26. Mai 1929 als erste Kirche des Landes in färöischer Sprache geweiht wurde. Auf den Färöer-Inseln wird Färöisch gesprochen. Natürlich lernen die Kinder auch Dänisch - aber Dänisch gilt nur als amtliche Verkehrssprache. Neben Englisch ist auch Deutsch eine wichtige Fremdsprache (Birita überzeugt uns davon).

 

 

 

Neben der Kirche ist ein kleiner Friedhof. Die Grabsteine sind ähnlich wie bei uns aus Stein und recht groß, wie ich finde. Aber über den Gräbern selbst wächst einfach Gras, wobei die Einrahmungen existieren. Das sieht etwas seltsam aus. Diese könnte man doch einfach auch weglassen, wenn das Grab eh nicht bepflanzt ist.

Das Gras wird zum Trocknen aufgehängt und vor dem Wind durch Netze geschützt.  Kartoffeln gedeihen hier prima.
Das Gras wird zum Trocknen aufgehängt und vor dem Wind durch Netze geschützt. Kartoffeln gedeihen hier prima.

 

 

Wenn dir das Wetter nicht gefällt, warte 5 Minuten.

Das gilt leider auch andersherum - wenn dir das Wetter gefällt - dann warte ab.

Und so geschieht es uns, dass wir auf der Rückfahrt auf der Anhöhe von Tórshavn in dichten Nebel und Regen geraten. Der schöne Blick auf die Bucht und den Hafen, in dem unser Schiff liegt ist im wahrsten Sinne des Wortes vernebelt.

Auch wenn es bei der Ankunft in Tórshavn noch regnet entscheiden wir uns zu einem Besuch der Altstadt Tinganes (du weißt ja inzwischen: "Wenn dir das Wetter nicht gefällt....).

 

Tinganes ist eine Halbinsel am Hafen von Tórshavn und der älteste Teil der Stadt. Tinganes hat seinen Namen von dem Løgting, das auf die Wikingerzeit auf den Färöern zurückgeht. Bereits um 900 versammelten sich hier die freien Männer der Färöer zum Thing (Volks- und Gerichtsversammlungen nach dem alten germanischen Recht).  Das Løgting selber ist inzwischen etwas weiter nördlich im Stadtzentrum Tórshavns angesiedelt, aber die färöische Landesregierung hat in Tinganes nach wie vor ihren Sitz.

 

Soweit die allgemein übliche Beschreibung Tinganes. Das klingt nüchtern, aber der Besuch dieses Stadtteils ist alles andere als nüchtern. Wunderschöne rote, gelbe oder schwarze Häuser, deren Dächer meist mit Gras und Blumen bewachsene sind. Heimelige Sitzplätze laden zum Verweilen ein. Und die Gassen sind eng und verwinkelt.

 

Ach, ja. Noch etwas: das Wetter hat umgeschlagen - die Sonne scheint wieder.

 

Manfred läuft nun noch zum Leuchtturm. Und ich steige nach oben zur Domkirche. In der Nähe finde ich einen verwunschenen Garten. Ich weiß gar nicht, ob dieser wirklich der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Aber das Tor am Eingang steht weit offen und lädt freundlich zu einem Besuch ein. Auch wenn gerade kein Eisbär die Jagd nach mir aufgenommen hat, trete ich ein und genieße mitten in der wuseligen Einkaufsstraße die Ruhe des kleinen Parks.


Von seiner allerbesten Seite zeigt sich Tórshavn (das übrigens übersetzt heißt: der Hafen des Thors, Gott des Donners und Blitz) am Abend beim Auslaufen unseres Schiffes. Die Sonne strahlt von einem blauen Himmel und wir schauen lange den Färöer-Inseln nach. 

 

Mein erster Eindruck von Färöer hat sich bestätigt: ich habe mich in die "Schafsinseln" verliebt. Hierhin möchte ich gerne nochmals zurückkehren und in aller Ruhe über die Wiesen laufen, die Hügel besteigen, in den Buchten die Gedanken schweifen lassen, in den Wolken schweben und ganz bestimmt die Menschen kennen lernen. Birita war eine wunderbare Reisebegleiterin und Erzählerin, die uns einen guten Einblick in ihre Heimat gegeben hat.

 

Tinganes mit seinen begrünten Dächern vom Schiff aus gesehen
Tinganes mit seinen begrünten Dächern vom Schiff aus gesehen
Die schöne Hafenfront Undir Bryggjubakki mit netten Cafés
Die schöne Hafenfront Undir Bryggjubakki mit netten Cafés

Der letzte Gruß der Färöer-Inseln auf Backbordseite ist der große Leuchtturm von Borðan auf der Insel Nólsoy. Er liegt erhaben auf einer hohen Klippe und weist den Schiffen den Weg aus Süden in die Bucht nach Tórshavn. Im Jahr 1893 wurden auf den Färöer-Inseln sechs Leuchttürme erbaut, da die Hochseefischereiflotte stark anwuchs und die Färöer immer mehr Handel mit den umliegenden Ländern betrieb.

Der erste dieser sechs Leuchttürme war der von Borðan. Es ist damit der älteste und mit 14 Metern Höhe auch der höchste Leuchtturm der Färöer. Durch seine besondere Lage leuchtet er aus 26 Meter Höhe hinaus aufs Meer..


Dieser Leuchtturm ist noch heute einer der lichtstärksten Leuchttürme im nordatlantischen Bereich.
Dieser Leuchtturm ist noch heute einer der lichtstärksten Leuchttürme im nordatlantischen Bereich.
Auch steile Klippen gehören zum Bild der Färöer - im Hintergrund links die Insel Lítla Dímun. Sie ist die kleinste und als einzige ständig von Menschen unbewohnte Insel der Färöer - Papageientaucher und Schafe fühlen sich hier aber pudelwohl.
Auch steile Klippen gehören zum Bild der Färöer - im Hintergrund links die Insel Lítla Dímun. Sie ist die kleinste und als einzige ständig von Menschen unbewohnte Insel der Färöer - Papageientaucher und Schafe fühlen sich hier aber pudelwohl.
Blick vom Promenadendeck
Blick vom Promenadendeck

Am späten Abend, nachdem wir die Inseln schon eine Zeit lang hinter uns gelassen haben, zeigt sich der Himmel blutrot bis tieflila.